Auch Löschwasser ist dadurch ein knappes Gut geworden und muss über weite Strecken an den Einsatzort herangeführt werden. Für die Feuerwehr steht im Falle von ausgedehnten Waldbränden in Ewwerbeach Löschwasser nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Dies war die realistische Ausgangslage für die dreitägige Übung des baden-württembergischen High-Capacity-Pumping-Moduls des Technischen Hilfswerks, die am Wochenende in Eberbach stattfand.
Hilfe – koordiniert durch die EU
Damit bei einem kleinen Waldbrand in den riesigen Wäldern von Ewwerbeach kein flammendes Inferno wird, hat das kleine krisengeschüttelte Land die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union um Unterstützung bei der Löschwasserversorgung gebeten. Im Auftrag des Auswärtigen Amtes und in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium hat die THW-Leitung in Bonn beschlossen, ein Modul mit Hochleistungspumpen aus dem Landesverband Baden-Württemberg nach Ewwerbeach zu schicken. Dass es sich dabei nur um ein Spiel mit angenommenen Rahmenbedingungen handelt, stört die rund 50 freiwillig und ehrenamtlich tätigen Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) nicht. Sie sind aus den verschiedenen Regionen Baden-Württembergs an den Neckar nach Eberbach gekommen, um den Ernstfalleinsatz im Ausland zu trainieren. Sie gehören zum baden-württembergischen High-Capacity-Pumping-Modul (HCP), einem von acht in der Bundesrepublik Deutschland, die das THW nach strengen Vorgaben im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahren bereitstellt. Fahrzeuge, Zelte, Feldbetten, Decken, Schlafsäcke, Stromerzeuger, Beleuchtungsmittel und vor allem große, leistungsfähige Pumpen mit allem Zubehör führen die Helferinnen und Helfer im Trainingseinsatz wie im realen Einsatz mit. Mit den Hochleistungspumpen lässt sich auch die Löschwasserversorgung sicherstellen. Hier gilt es, Löschwasser in großen Mengen ganz gezielt an vordefinierte Punkte heranzubringen, damit die Feuerwehr ausreichend Löschwasser für die Brandbekämpfung einsetzen kann. Diese Einsatzoption trainierten die Einsatzkräfte des HCP-Moduls aus dem Südwesten im Staat Ewwerbeach.
An der spannenden Übung im Königreich Ewwerbeach nahmen auch zwei Helfer des Ortsverbandes Pforzheim teil
Spannendes Szenario fordert alle Übungsteilnehmer
Zusätzlich ließen sich das Vorbereitungsteam der Übung viele Einlagen einfallen, um die Einsatzkräfte weiter unter Stress zu setzen. So wurde bei der Einreise in Port Ewwerbach die Ladungssicherung auf den LKWs durch Fachleute des Bundesamtes für Güterkraftverkehr und der Polizei genau unter die Lupe genommen. Reisedokumente, Impfbücher und das Gepäck der einreisenden Hilfskräfte wurden durch den Zoll in Ewwerbeach genau geprüft. Endlich in der Katastrophenregion angekommen, hatten dann auch die Logistiker des übenden Teams alle Hände voll zu tun, um Betriebsstoffe, Lebensmittel und Ersatzteile auf dem örtlichen Markt einzukaufen. Um Sprachbarrieren mit der einheimischen Bevölkerung und den lokalen Kräften zu überwinden, lief die gesamte Kommunikation während der dreitägigen Übung in englischer Sprache ab. Dabei mussten die Helfer auch Konfliktsituationen mit aufgebrachten einheimischen Bauern bewältigen. Bedrohlicher für die eingesetzten Helferinnen und Helfer war die angenommene Gefahr einer Freisetzung von Gefahrstoffen im Hafen von Ewwerbeach. Um dieser Gefahr richtig zu begegnen, mussten die verantwortlichen Führungskräfte die schnelle Räumung des gefährdeten Bereiches anordnen damit sich die Helferinnen und Helfer schnell in Sicherheit bringen konnten.
Ausbildung in Theorie und Praxis
Rund 5.000 Liter pro Minute Löschwasser pumpten die Helfer mit ihren großen Hochleistungspumpen aus dem Neckar in Behälter und wieder zurück in den Fluss. Doch nicht nur praktische Übungsanteile trainierten die Einsatzkräfte des baden-württembergischen HCP-Moduls. Da die Pumpeneinheit auch auf dem Luftweg in das jedes Einsatzland verlegt werden kann, erläuterte Dr. Henning Müller vom THW-Ortsverband Groß-Gerau die notwendigen Vorbereitungen für eine schnelle Flugabfertigung. Herr Arnold von der Fa. Börger GmbH weihte die Einsatzkräfte in die Geheimnisse der Drehkolbenpumpen ein und erläuterte den technischen Aufbau und die physikalischen Grenzen der Hochleistungspumpen.
„Mit der Leistung unserer ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer bin ich ganz zufrieden“, zog die Übungsleiterin Dominika Ogasa vom Einsatzreferat des THW-Landesverbandes ein erstes Fazit. „„Der Einsatz im Ausland stellt besondere Herausforderungen an die Einsatzkräfte. Deshalb ist es sehr wichtig, die Abläufe immer wieder unter realitätsnahen Bedingungen zu trainieren, damit im Ernstfall alles klappt“, so Ogasa. Besonders dankte sie dem Ortsverband Eberbach für die gute Vorbereitung dieser Übung.
Text und Bild: Frank Winterfeldt, MediaTeam Baden-Württemberg
Hintergrund EU-Gemeinschaftsverfahren
Der europäische Einigungsprozess findet auch im Bereich des Bevölkerungsschutzes statt. Zentrales Instrument in der Europäischen Union (EU) ist dabei das „Gemeinschaftsverfahren zur Förderung einer verstärkten Zusammenarbeit bei Katastrophenschutzeinsätzen“, kurz EU- Gemeinschaftsverfahren.
Es ist seit dem 1. Januar 2002 in Kraft und soll dazu beitragen, den Einsatz der nationalen Katastrophenschutzdienste innerhalb und außerhalb der EU besser zu koordinieren. Das EU-Gemeinschaftsverfahren basiert auf der engen Zusammenarbeit der nationalen Hilfsorganisationen von 32 Staaten - den 28 Mitgliedstaaten der EU sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und Mazedonien.
Hintergrund HCP (High Capacity Pumping) - Module
Bei Hochwasser und Überflutungen kommt es auch international auf schnelle Hilfe an. Das THW stellt hierfür im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrens acht sogenannte High Capacity Pumping Modules (HCP) zur Verfügung.
Zur Kernausrüstung eines HCP-Modules gehören mehrere Hochleistungs-Wasserpumpen mit einer Gesamtleistung von bis zu 25.000 Litern pro Minute. Dabei kann das Wasser über eine Distanz von bis zu 1.000 Metern gepumpt werden. Die HCP-Module sind zwölf Stunden nach Alarmierung einsatzbereit, können auch in schwierigem Gelände arbeiten und sind autark einsetzbar, können sich also selbst versorgen. Neben Einsätzen zur Beseitigung von Überschwemmungen können die HCP-Module auch für den Löschwassertransport eingesetzt werden. Jedes Einsatzteam besteht aus 15 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die verschiedene Funktionen wahrnehmen. Damit die ehrenamtlichen Einsatzkräfte der HCP-Module gut für mögliche Einsätze vorbereitet sind, sind eine intensive Ausbildung und regelmäßige, realitätsnahe Übungen wichtig.
Die HCP-Module des THW waren 2010 in Polen und zuletzt im Sommer 2014 in Serbien und Bosnien-Herzegowina bei verheerenden Überschwemmungen im Einsatz. In Baden-Württemberg waren die Helferinnen und Helfer mit ihren Großpumpen zuletzt bei den schweren Unwettern Anfang Juni 2016 und bei der Umweltkatastrophe an der Jagst im Sommer 2015 im Einsatz.